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über Fleischsteuer und (fehlendes) Mitgefühl

Fleischsteuer | Kohlenhydrate-Tabellen.com

Gerade sind die Gemüter ziemlich erhitzt wegen den Plänen zu einer Fleischsteuer. Hier meine Gedanken dazu.

Eher zufällig habe ich neulich über die TV-Nachrichten erfahren, dass eine Fleischsteuer im Gespräch sei. Die gezeigte Reportage mit Bildern einer versteckten Kamera waren, wie vom Nachrichtensprecher angekündigt, in der Tat bedenklich.

Bedenklich ist untertrieben. Es war beschämend. Beschämend für die Menschheit als solches und damit auch für mich selber.

Ich sollte an dieser Stelle anmerken, dass ich ein bekennender Fleischesser bin. Ich bin also weder ein Vegetarier / Veganer, noch ein Moralapostel. Ich bin genauso Schuld an der Misere wie viele andere Mittäter.

Ich liebe es, Fleisch zu essen. Und für mein Empfinden gehört ein gewisser Fleischkonsum ebenso zu einer ausgewogenen MehrNährung.

Der Begriff gewisser ist hier sicherlich einer der entscheidenden Punkte. Denn muss ich jeden Tag Fleisch essen, und vielleicht sogar mehrmals? Vermutlich war es nicht das Schlechteste, dass viele unserer Großeltern in ihren jungen Jahren oft nur einmal pro Woche Fleisch essen konnten.

Es ist eine komplizierte Sache, und eine Fleischsteuer macht nur dann überhaupt Sinn, wenn diese Steuergelder dann auch wirklich bei den Landwirten ankommen, sodass sich die moralische/ethische Tierhaltung auch finanziell lohnt. Schließlich sind Landwirte keine karitativen Einrichtungen, sondern auch sie müssen Gewinn abwerfen.

Und die Landwirte müssen diese Gelder dann auch zu 100% für diesen Zweck nutzen, statt sie für die Aufwertung des eigenen Lebensstils zu verbrauchen.

Es hängt alles in allem ein ganzer Rattenschwanz an zu prüfenden Aspekten an dieser Geschichte. Kein einfaches Unternehmen.

Eine Fleischsteuer ist meinem Erachten nach maximal die zweitbeste Lösung. Denn sie ist aufgezwungen. Niemand will sich etwas aufzwingen lassen.

Eine wirkliche und nachhaltige Veränderung kann vor allem dann geschehen, wenn zumindest in einem Großteil der Bevölkerung ein wirkliches Umdenken stattfindet.

  • Zum einen muss der Großteil der Menschen sagen, dass es ein Zeichen von Kultur / Moral / Anstand / Bildung ist, dass für das Stück Fleisch auf dem Teller kein Tier misshandelt werden darf. Im Idealfall achten wir also darauf, dass das Tier anständig gelebt hat und würdig abgelebt ist. Wenn ich an die Bilder aus der Reportage denke… dann fühle ich mich wirklich schlecht, dass ich Teil dieses Systems bin. Ein System wie dieses entsteht meinem Erachten nach aber in erster Linie von Angebot und Nachfrage, und nicht in erster Linie durch die schwarzen Schafe, die es leider immer geben wird (wie z.B. Menschen mit einem hohen Frustlevel oder mit Minderwertigkeitskomplexen, die die Tiere beim Verladen und Transport mit Absicht misshandeln oder gar töten, wie in der Reportage zu sehen war). Wer alles nur möglichst billig will, darf sich nicht beschweren, dass die Qualität extrem leidet und darf sich nicht wundern, wenn es zu solchen Auswüchsen kommt. Wer so lebt, hat das System vielleicht sogar miterschaffen, erhält es aber mindestens am Leben.
  • Wenn wir uns entschließen, etwas weniger Fleisch zu essen, dann kommt es zu keinen gefühlten oder tatsächlichen Mehrkosten. Denn der höhere Preis für Fleisch wird durch Einsparungen bei der Menge wieder wettgemacht. Und am Ende bleibt im Idealfall das gute Gefühl, dass das Tier nicht wie ein zukünftiges Stück totes Fleisch angesehen und behandelt wurde, sondern wie ein Lebewesen, das ebenfalls Freude und Leid empfinden kann.

Vielleicht ist eine ethisch korrekte Tierzucht am Ende auch gar nicht so viel teurer als bisher. Wobei gerade in Deutschland der Fleischpreis im Vergleich zu anderen kultivierten Ländern wohl doch sehr niedrig ist.

In Deutschland, hieß es in der Reportage, zahle man 30% des Fleischpreises in Frankreich. Zahlen die Franzosen zu viel für ihr Fleisch? Und werden sie letztlich ausgebeutet, weil sie die gleiche schlechte Qualität wie die Deutschen essen? Gute Fragen, die ich nicht beantworten kann. Persönlich kann ich mir aber nicht vorstellen, dass sich ein ganzes Volk über einen langen Zeitraum veräppeln lässt (ja, ich weiß, manch einer wird hier typischerweise anderer Ansicht sein und sagen, dass sich die Deutschen / die Österreicher / … ein Leben lang „verarschen“ lassen… das übliche Gerede).

Ich persönlich bezahle gerne etwas mehr, wenn ich dann mit Sicherheit sagen kann, dass ich dazu beigetragen habe, dass kein Tier für die Fleischreste zwischen meinen Zähnen unmenschlich behandelt wurde. Gerne bezahle ich das, indem ich dann weniger Fleisch esse.

Nun stellt sich dann aber die Frage: Wie kann ich mit Sicherheit wissen, wie mein Fleisch gelebt hat?

Ja, das ist die Krux an der Sache…

„Auf dem Land“ kann man das vielleicht noch besser nachvollziehen, also wenn es dort kleinere Höfe gibt, die dann auch einen Blick hinter die Kulissen gestatten. Landwirtschaftliche Betriebe also, deren Wohlergehen davon abhängt, dass sie niemandem eine heile Welt vorgaukeln, die es so nicht gibt.

Dazu bedarf es aber eines interessierten und informierten Kunden, also Dich und mich! Wenn mir Ernährung auf Deutsch gesagt „scheißegal“ ist und ich Ernährung nur als Mittel zum Zweck nehme, um nicht zu verhungern… dann ist es wohl schwierig, die meinem Erachten nach notwendige Veränderung zu schaffen.

Wenn ich Ernährung aber als etwas in mehrerer Hinsicht Wichtiges, Gutes und Schönes sehe, dann ist es wahrscheinlicher, dass mich auch der Aspekt des Tierwohls interessiert. Und dass ich mir dann auch die Zeit nehmen will, um einen Betrieb in meiner Nähe zu suchen, der meinen Wertvorstellungen entspricht. Für die „Städterer“ ist es etwas schwieriger, aber sicher nicht unmöglich. Es sollte keine Ausrede sein, um weiterzumachen, wie bisher.

Schon alleine aus gesundeitlicher Sicht muss es den Aufwand wert sein, wenn jemand schon nichts auf das Wohl der Tiere an sich legt. Denn wie kann ein Fleisch gesund sein, das von einem Lebewesen stammt, das die Wochen, Monate oder vielleicht sogar Jahre bis zu seinem dann auch noch qualvollen Ableben von Grind überzogen war??

Vielleicht sind Initiativen wie SoLaWi (solidarische Landwirtschaft) ja ein Teil der Lösung.

Es kann sich aber nichts grundlegend ändern, wenn wir nicht ein Mindestmaß an Mitgefühl für Tiere entwickeln – selbst, wenn diese „nur“ leben, damit sie für uns sterben. Es ist Ausdruck unserer Menschlichkeit, so zu denken und dann entsprechend zu handeln.

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