Eine zuckerfreie Ernährung. Keine Kohlenhydrate am Abend. Diese Aussagen sind weithin bekannt und haben dennoch nur bedingt mit der ketogenen Diät zu tun. Anders als der Name (Diät) vermuten lässt, ist sie jedoch ebenso wenig eine eingeschränkte Ernährungsform zum Zwecke des Gewichtsverlustes. Denn die fehlenden Zucker werden in der Energiebilanz durch Fette ersetzt. Doch was ist dann unter der ketogenen Ernährung zu verstehen?
Vorab:
Nachfolgend wird zwar die Rede sein von der ketogenen ‚Diät‘. Dabei bezieht sich der Begriff Diät aber nicht auf das klassisch damit assozierte ‚Abnehmen‘ bzw. ein ‚Abnehmprogramm‘; vielmehr leitet sich der Begriff vom griechischen Wort ‚diatrofí‘ (= Ernährung) ab. Somit ist in diesem Zusammenhang Diät als Ernährungsweise zu verstehen, also langfristig und nicht nur für eine kurze Zeit mit dem Ziel des Abnehmens.
Verzicht auf Kohlenhydrate
Bei der ketogenen Diät handelt es sich in erster Linie um eine energiebalancierte Form der Ernährung, die weitestgehend auf Kohlenhydrate verzichtet und diesen Verzicht durch energiereiche Fette ausgleicht. Der Körperstoffwechsel wird dabei auf eine Art künstlichen Hungerstoffwechsel umgestellt. Der für alle Zellen lebensnotwendige Zucker muss über den Abbau von Fettsäuren ersetzt werden.
Die ketogene Diät: Verhungern die Zellen?
In besonderen Hungersituationen verfügt der menschliche Körper über einen Mechanismus, der die Funktionen der wichtigsten Organe (Gehirn, Muskulatur) aufrechterhält. Dieser sogenannte Hungerstoffwechsel wird immer dann aktiv, wenn es zu einem akuten Zuckermangel kommt. Denn Zucker ist der bevorzugte Brennstoff für Nerven- und Muskelzellen. Die ketogene Diät ahmt diesen Zuckermangel nach und aktiviert damit Prozesse des Hungerstoffwechsels. In erster Linie werden dabei vom Körper Eiweiße genutzt, um aus den Aminosäuren Glukose (Zucker) herzustellen. Dies ist aber ein begrenzter Vorgang, sodass im weiteren Verlauf Fette zur Energieversorgung dienen. Diese werden teilweise zur Herstellung von Ketonkörpern genutzt, die als kurzzeitiger Zuckerersatz von den Zellen des Gehirns und der Muskulatur verbrannt werden können. Im Körper stellt sich so eine stabile Ketose ein, daher auch der Name für diese Therapieform.
Hat der künstliche Hungerstoffwechsel einen Nutzen?
Ursprünglich wurde die zuckerreduzierte Ernährung für die Behandlung von therapieresistenten Epilepsien entwickelt. Nach sorgfältiger Berechnung kann sie auch bei Kindern angewendet werden.
Neben den Nerven- und Muskelzellen gibt es im Körper noch eine weitere Gruppe von Zellen, die von einem hohen Zuckerangebot abhängen: die Krebszellen. Zucker ist Energiequelle Nummer eins für Tumorzellen und regt sie zu ihrem unaufhörlichen Wachstum an. Da mithilfe der ketogenen Ernährung Krebszellen praktisch ausgehungert werden könnten, ist die Methode in den letzten Jahren vielfach im Zusammenhang mit einer Krebstherapie diskutiert worden. Das Problem dabei: Die Wirkung der zuckerreduzierten Ernährung auf Krebszellen ist bisher häufig nur an Zellkulturen und Labortieren getestet worden; eine Übertragung auf den Menschen ist unter Umständen noch nicht ohne Weiteres möglich, trotz Erfolgen auch beim Menschen. In zwei Einzelstudien zeigten amerikanische Wissenschaftler jedoch, dass die Überlebensrate von Krebspatienten durch Zuckerentzug statistisch messbar verbessert werden konnte. Allerdings ist noch unklar, inwiefern es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen reduziertem Zuckergehalt und dem Krebs gab.
Die Steigerung: der eingeschränkte Zuckerentzug
Eine Sonderform dieser Methode ist die eingeschränkte ketogene Diät. Dabei wird Fett zu Kohlenhydraten und Eiweißen im Verhältnis 4:1 gemischt. Allerdings erfolgt kein Ausgleich der fehlenden Kalorien, sodass mit verminderter Energieaufnahme gearbeitet wird. Zusätzlich kann eine Anreicherung mit Vitaminen und Mineralstoffen sinnvoll sein, um den Bedarf der Krebspatienten zu decken. Zusammen mit einer konventionellen Therapie könnte diese Form der eingeschränkten Energiezufuhr zu einer besseren Tumorbehandlung führen, wie italienische Wissenschaftler beschrieben.
Ketogene Diät: zum abnehmen tauglich?
Während besonders die eingeschränkte ketogene Diät durchaus längerfristig eine Gewichtsabnahme provozieren könnte, ist diese Form des Essens nicht als Dauermaßnahme gedacht. Der Durchschnittsdeutsche nimmt auch bei ’normaler‘ Ernährungssituation viel zu viel schlechte Fette und Eiweiße auf. Die ketogene Ernährungsweise könnte dies vor allem bei unsachgemäßer Anleitung zusätzlich fördern. Langfristig könnten sich dadurch aber andere Probleme einstellen, wie z. B. Arteriosklerose, Arthritis und weitere entzündliche Erkrankungen. Auch eine Belastung der Nieren durch den verstärkten Eiweißabbau im Körper ist u.U. möglich. In jedem Fall gehört die Planung und Begleitung solcher Maßnahmen in ärztliche Hände und ist kein Selbstversuch.
Kritische Stimmen?
Der größte Kritikpunkt in Bezug auf die ketogene Diät ist die völlige Missachtung einer ausgewogenen Ernährung nach den Regeln der DGE. Ohne Zusatz von Mineralien und Vitaminen könnte sie sehr schnell zu Mangelzuständen führen, was weitere Krankheiten verursachen könnte. Es sei an dieser Stelle aber auch darauf hingewiesen, dass in manchen Kreisen (wie z.B. den Anhängern der Paleo Diät) auch die Empfehlungen der DGE bei Weitem nicht mehr das Ansehen genießen, das sie schon einmal hatten. Dies liegt sicherlich auch und besonders an der Tatsache, dass der Verzehr von Getreide und Getreideprodukten mittlerweile stark umstritten ist (Stichwort: Leckdarm-Syndrom, bzw. Leaky-Gut Syndrom).
Fazit
Die ketogene Diät als nicht-giftige Behandlungsmethode bei Krebs steckt noch in den Kinderschuhen. Erste positive Ergebnisse machen Hoffnung. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass Wissenschaft und Medizin bisher noch nicht abschließend klären konnten, ob und inwieweit die ketogene Diät krebskranken Menschen wirklich hilft oder ihren geschwächten Zustand weiter verschlechtern würde. Als langfristige Diät (über eine Woche hinausgehend) mit dem Ziel der Gewichtsreduktion ist sie aber wohl eher ungeeignet.
Der interessierte Leser wird auf jeden Fall ermutigt, sich eigenständig über die Vorteile sowie zu beachtende Aspekte der ketogenen Diät zu informieren, z.B. durch das Lesen von Fachlektüre, Austausch mit Experten etc.
Quellen:
- Dhamija et al. 2013. Ketogenic Diet. Can J Neurol Sci. 2013; 40: 158-167
- Seyfried et al. 2012. Is the restricted ketogenic diet a viable alternative to the standard of care for managing malignant brain cancer? Epilepsy Res 100(3), 310-26
Der Inhalt des Artikels ist nicht als Empfehlung zur Verhinderung, Linderung oder Heilung von Erkrankungen zu verstehen. Die Diagnose und Behandlung sollte von Medizinern gestellt werden. Der Artikel wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Der Verfasser haftet nict für eventuelle, sich aus möglichen Fehlern, Unvollständigkeiten oder durch die Befolgung der in diesen Artikeln beschriebenen Empfehlungen ergebenden Schäden.
Interview (in Englisch) von Dr. Mercola mit einem Experten der ketogenen Ernährung zur Behandlung von Krebs:
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