Ende letzten Jahres war ich bei einem Abendessen, an dem wir zu neunt an einem Tisch saßen. Als es zum Nachtisch kam, griffen natürlich alle zu. Bis auf eine Dame. Sie dürfte geschätzt Mitte 50 sein. Auf die Frage, ob sie denn nicht zugreifen werde, sagte sie: „Nein danke. Ich mache gerade eine Diät und dabei achte ich auch auf die Kohlenhydrate am Abend.“
Da es sich bei dem Abendessen nicht um ein Treffen in Bezug auf meine Tätigkeiten im Bereich Ernährung handelte, wollte ich keine Diskussion starten, die sich um die Frage dreht, wie sinnvoll Diäten und der Verzicht auf Kohlenhydrate am Abend sind. (Wer mich kennt, der weiß: Persönlich halte ich beides für weniger sinnvoll, zumindest nicht als nachhaltigen Ansatz, um sein Wunschgewicht zu erreichen und, viel wichtiger, dieses über einen langen Zeitraum auch zu halten.)
Vielleicht, um eine weitere Diskussion dazu zu unterbinden (und als Reaktion auf meinen vermutlich mitleidigen Blick), meinte sie, das sei schon OK, sie habe sich daran gewöhnt, und sie komme damit ganz gut klar.
Ich hoffe für sie, dass dem wirklich so ist und dass sie sich das nicht nur selber einredet. Denn die Erfahrung zeigt:
Genau dieser Art von Verzicht ist das, was die meisten Menschen bei einer Diät denn letztlich wieder in die Knie zwingt. Und das ist auch durchaus nachvollziehbar. Wenn alle Anderen über den Nachtisch herfallen und genüsslich dreinschauen… wie kann man da als „Zuschauer“ glücklich sein? Ich sage nicht, dass es diese Menschen nicht gibt, bei denen das tatsächlich der Fall ist; aber ich bin sicher, das sind die absoluten Ausnahmen.
Wir Menschen sind sozusagen darauf programmiert, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Wenn wir mit Bekannten am Tisch sitzen, dann ist das in dem Moment eine Gemeinschaft. Wenn dann jemand die einzige Person ist, die keinen Nachtisch nimmt, dann ist das kein Beinbruch (genauso, wie wenn jemand kein Bier trinkt) – aber für die Meisten in dieser Situation kann das durchaus hart sein. Nicht nur, dass man auf das süße Dessert nach dem Essen verzichtet, das man eigentlich gerne essen würde, man merkt auch irgendwie, dass einen die Anderen mit einem mindestens leicht mitleidigen Blick ansehen und denken „Och, die/der Arme… ich könnte das nicht, auch wenn ich weiß, dass ich auch ein paar Kilos zu viel habe“.
Es geht mir nicht darum zu sagen, wer hier „besser“ ist. Vielmehr will ich darauf hinweisen, dass diese Art des Verzichts zwar Manchem helfen kann, bei den Meisten aber wird es wohl dazu führen, die Diät eher über kurz als lang wieder ad acta zu legen. Resultat: Diätfrust, u.a. wegen dem dann oft aufkommenden Jojo-Effekt.
Deswegen sind Diäten oftmals wirkungslos… nicht, wenn es darum geht, Gewicht zu verlieren – denn das kann man mit so ziemlich jeder Diät erreichen – sondern wenn es darum geht, das Gewicht dauerhaft zu halten. Das Wunschgewicht lange zu halten geht für die meisten Menschen nicht durch dauerhaften Verzicht, egal ob die Diät nun Weight Watchers, Atkins oder Bright Line Eating heißt. „Dauerhaft“ heißt: mindestens ein Jahr, besser gar zwei oder drei. Oder eigentlich: für immer.
Um das zu erreichen, geht es nicht mit dauerhaftem Verzicht und der Ernährung eines Kaninchens, also nur Blattsalat und Karotten – vor allem, wenn sich alle anderen an „Sünden“ gütlich tun. Wer will so leben? (abgesehen von den Ausnahmen, die die Regel bestätigen)
Ich wage zu behaupten:
Den meisten Menschen ist heutzutage ausreichend bewusst, was „gesund“ ist und was nicht, und was beim Abnehmen bzw. Schlankbleiben hilft – trotz der generellen Verwirrung, die da draußen durch den Wust an Informationen herrscht. Was den meisten dieser Menschen nicht klar zu sein scheint: Dass man nicht in die Extreme verfallen muss, sondern dass das Ziel lauten muss, die Balance zu wahren. Dabei ist es komplett OK, auch mal Fünf gerade sein zu lassen – und am Abend Kohlenhydrate zu essen, wenn einem danach ist. Das eine schließt das andere nicht aus, im Gegenteil.
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Selbst hatte ich bisher nur ein Mal in meinem Leben mit Übergewicht zu tun. Das war etwa um 2009 und es waren 13 Kilos, was dann letztlich der Startschuss wurde, mich mit Ernährung auseinanderzusetzen und dann auch darüber zu schreiben. Ich hatte also nie wirklich schwerwiegende Gewichtsprobleme – weder in Punkto Gewicht, noch in Punkto Auswirkungen auf die Psyche.
Und dennoch fühle ich mit denjenigen, die damit zu kämpfen haben! Schließlich erhalte ich oft genug E-Mails von meinen Lesern, die mir darin ihre Situation beschreiben. Der Kampf, den diese Menschen täglich austragen, ist teilweise riesig. Und ich würde so gerne jedem helfen wollen. Ich tue, was ich kann, soweit es meine Kompetenzen zulassen. Denn weder bin ich allwissend, noch habe ich einen Zauberstab oder eine magische Pille.
Was ich aber sagen kann:
Diäten sind nicht die Lösung, sondern mindestens Teil des Problems – wenn nicht sogar das Problem schlechthin. Ernährung ist viel mehr als Abnehmen und Wunschgewicht.
Und ich werde nicht müde zu sagen:
Durch eine nachhaltige Ernährung werden diese Aspekte zu einem positiven Nebeneffekt, statt zum Hauptzweck.
Zum Glück verstehen immer mehr Menschen, dass Diäten nicht zum langfristigen Erfolg führen – weder, um das Wunschgewicht zu halten, noch, um sich nachhaltig zu ernähren, also dem Körper zu geben, was er braucht, um optimal zu funktionieren (etwas, das ich „MehrNährung“ nenne).
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Gerade fiel mir wieder der Kontakt mit einem meiner langjährigen Leser ein (Hallo Werner :) )
Hier der Vollständigkeit halber sein vorher-nachher Bild von vor vier Jahren:
(Vielen Dank, Werner, dass Du mir damals die Erlaubnis erteilt hast, Deine Geschichte zu verwenden, um damit andere Menschen zu inspirieren.)
Er ist einer der Leser, über dessen Erfolg durch meine Tipps ich mich immer wieder sehr freue. Logisch. Neulich schrieb ich ihn an und ich fragte ihn, wie es ihm denn so gehe und ob er weiterhin sein Gewicht halte. Hier seine Antwort:
Eine weitere solche Erfolgsgeschichte ist übrigens die von Josef. Und wenn ich mir die vielen positiven Bewertungen und vor allem Kommentare ansehe, die meine Leser auf meinem Proven Expert – Profil hinterlassen (Danke!), dann gibt es vermutlich noch eine ganze Menge mehr an Erfolgsgeschichten von denen ich nur nichts weiß.
Ich sage nicht, dass jeder mit einer nachhaltigen Ernährung den gleichen Erfolg haben kann, wenn es um das Gewicht geht (und damit letztlich auch um die Gesundheit und das Wohlfühlen). Denn es gibt viele Faktoren, die hier eine Rolle spielen können, z.B. Krankheiten, Medikamente, usw.
Aber es ist einen Versuch wert, über den Tellerrand der typischen Diäten und der Standard-Ernährungsratschläge zu blicken.
Ich weiß: es bedeutet unter Umständen, ein Risiko einzugehen. Also das Risiko, dass man Zeit und Hoffnungen investiert, nur um dann wieder enttäuscht zu werden, weil es nicht klappt.
Die gute Nachricht:
Bei klassischen Diäten ist dieser Frust die Regel, bei einer nachhaltigen Ernährung eher die Ausnahme. Und wenn es auch damit mit dem Wunschgewicht nicht klappt, so gehe ich doch jede Wette ein, dass eine nachhaltige Ernährung zumindest andere Vorteile mit sich bringen wird.
Weil ich im Austausch mit meinen Lesern oft genug sehe, wie groß die Verwirrung ist, bin ich gerade am Überlegen, meinen Teil zur Entwirrung beitzutragen.
Über die Jahre und auch als ausgebildeter Coach von Precision Nutrion (einem der weltweit angesehendsten Unternehmen im Bereich des Ernährungscoachings) habe ich einiges gelernt, von dem ich weiß, dass es für die Betroffenen sehr nützlich sein kann. Freilich ist es ein großer Aufwand für mich, hier aktiv zu werden. Weshalb ich, abgesehen vom Betreiben meiner Webseite, schon eine Weile nichts „Größeres“ mehr angepackt habe – also etwas, das deutlich mehr Wirkung hat, als meine Blogbeiträge bzw. dieser Newsletter rund um nachhaltige Ernährung.
Aber ich fühle, jetzt ist es wieder an der Zeit, etwas zu unternehmen. Nicht, weil ich so scharf darauf bin, viel Arbeit in ein neues Projekt zu stecken – sondern weil ich das Gefühl habe, dass es wichtig ist für den einen oder anderen meiner Leser bzw. Webseitenbesucher. Und wenn ich damit nur einer einzigen Person helfen kann…. So gesehen: Es muss einfach sein.
Ich habe schon eine gewisse Vorstellung, wie das werden kann, will aber im Moment lieber noch nicht mehr dazu sagen. Sehr wahrscheinlich werde ich dazu dann in den kommenden Wochen einen Beitrag mit weiteren Informationen schreiben. Was sicher es: Es wird in einem sehr kleinen und intimen Rahmen gehalten, innerhalb eines festen Zeitrahmens und vermutlich erst einmal nur ein einziges Mal, um den Austausch für die Beteiligten so nützlich wie möglich zu machen. Und: Es gibt viele Wege, die nach Rom führen – zum Glück! Aber alle Wege haben gewisse Aspekte gemein. Und die muss man kennen.
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Puh… das war eigentlich gar nicht der Plan für dieses Beitrags, auch nicht dass er so lang wird. Denn an sich sollte es nur darum gehen, dass eine nachhaltige Ernährung auch die Kohlenhydrate am Abend und anderes erlaubt, was landauf und landab als „geht gar nicht“ propagiert wird. Aber was soll’s… jetzt ist es in der Öffentlichkeit, und ich komme es der Nummer vermutlich nur noch schwer raus… :)
In der Zwischenzeit würde es mir sehr viel bedeuten, wenn mich diejenigen Leser kurz anschreiben, die durch meine Ratschläge Erfolg hatten mit ihrer Umstellung zu einer nachhaltigen Ernährung – egal, ob das zum Erreichen des Wunschgewichts, Verbesserung von Krankheitssymptomen, oder was auch immer geführt hat. Ich bin sicher, dass deutlich mehr Leser dazu zählen, als mir bewusst ist. Es wäre eine tolle Art, sich erkenntlich zu zeigen, wenn sich diese Leser bei mir melden würden. Denn ich selber kann viel behaupten – aber das was zählt, sind die tatsächlichen Stimmen derer, die meine Ratschläge beherzigen.
Wenn Du Dich angesprochen fühlst, lass es mich bitte in diesem online Formular wissen. Alternativ kannst Du gerne einen öffentlichen Kommentar unten in der Kommentarfunktion verwenden. Vielen herzlichen Dank.
Schöne Grüße
David