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Warum nehme ich zu, wenn ich mit dem Rauchen aufhöre?

Bild: zunehmen nach dem Rauchen | Kohlenhydrate-Tabellen.com

Immer wieder hört man, dass es zu Übergewicht kommt, wenn man mit dem Rauchen aufhört. Auch von meinen zahlreichen Newsletter-Abonnenten und Webseitenbesuchern bekomme ich immer wieder zu hören, dass sie nach dem Abgewöhnen des Rauchens nun sozusagen als ‚Dank’ mit den extra Kilos zu kämpfen haben.

Aber woran liegt das eigentlich? Und wie hängt es tatsächlich mit dem Rauchen zusammen? Das will ich in diesem Beitrag in aller Kürze anreißen. 

Starker Raucher, starkes Übergewicht?

Einst gab es den Slogan „Greif lieber zur Lucky (Strike) als zu Süßigkeiten“. Damit sollte ausgedrückt werden, Zigaretten würden schlank halten (in ähnlicher Weise wollte geschicktes Marketing mit einem Zeichentrick-Männchen vermitteln, rauchen entspanne).

Besagter Slogan hat sich vielleicht unbewusst zumindest in den Köpfen so Mancher verfestigt, die diesen Slogan kennen. Dadurch kann theoretisch die Angst zementiert werden, Gewicht zuzulegen, wenn man mit dem Rauchen aufhört. Der mögliche Gewichtszuwachs macht Rauchern mehr Sorgen als rauchbedingte Gesundheitsrisiken – so könnte man zumindest meinen.

Fakt ist: Nicht jeder Ex-Raucher verzeichnet eine nennenswerte Gewichtszunahme.

Dass Raucher durch einen Rauchstopp 5-10 Kilo Gewicht zunehmen können, ist aber ebenso wahr. Das haben diverse Studien bewiesen (Quellen: siehe Fußnoten 1, 2, 3, 4, 5 am Ende dieses Beitrags). Interessant ist sicherlich, dass die Gewichtszunahme je nach Ausgangslage und Verhalten nach dem Rauchstopp unterschiedlich hoch ausfällt.

Auch die Zahl der konsumierten Zigaretten scheint eine Rolle zu spielen.

Auffallend ist, dass die meisten Studien zu diesem Thema Mängel aufweisen. Sie sind vielfach rückblickende Literaturanalysen oder Befragungen, beruhen weitgehend auf subjektiven Aussagen befragter Probanden und bewerten die Gewichtszunahme immer als durch den Rauchverzicht bedingt.

Rauchverzicht ist aber oft nicht der alleinige Grund für Gewichtsprobleme.

Auch erbliche Anlagen, falsches Essverhalten, altersbedingte Stoffwechselprobleme und andere Parameter können für entwöhnungsbedingte Gewichtszuwächse verantwortlich sein. Siehe hierzu meine separaten Beiträge Krankheiten als Ursache für Übergewicht und Medikamente als Ursachen für Übergewicht.

Gewiss ist: nichts ist gewiss

Der unterschiedliche Gewichtszuwachs in Studien (z.B. 6, 7) spiegeln zum Teil widersprüchliche Aussagen und unterschiedlich lange Untersuchungszeiträume. Viele Studien beruhen lediglich auf rückwirkend ausgewerteten Befragungen, nicht auf klinischen Beobachtungen. So ergeben sich unterschiedliche Bewertungen.

Andere Wissenschaftler (8) beschreiben einen durchschnittlichen Gewichtszuwachs um vier Kilo, der langfristig zur Hälfte wieder abgebaut werde.

Wieder andere (9) stellen fest, dass starke Raucher mehr an Gewicht zulegen, nach 5 Jahren aber wieder abnehmen.

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Und wieder andere Wissenschaftler (10) melden hingegen, dass der Gewichtszuwachs dauerhaft erhalten bleibt.

Die Gründe für Gewichtszunahmen werden in diesen Studien nicht erläutert. Sie liegen anderen Studien zufolge beispielsweise

  • in einem gesenkten Energieumsatz nach dem Rauchverzicht (11, 12)
  • in einem kalorischen Mehrverbrauch bei starken Rauchern (13)
  • in der Appetitsteigerung nach dem Nikotinverzicht, die eine höhere Nahrungsaufnahme bewirkt (14, 15, 16)
  • einer ausgesprochenen Neigung, Süßigkeiten zu essen (17, 18)
  • und dem Suchtpotenzial von Nikotin, das auf Kalorienbomben mit Suchtpotenzial übertragen wird (19) (lass uns nicht vergessen, dass Zucker für Manche wie eine Droge sei kann).

Anders formuliert, drosselt Nikotin den Appetit und den Hunger. Der Organismus verbraucht bei Rauchern mehr Energie, um das Gift zu neutralisieren. Der Stoffwechsel wird angekurbelt.

Außerdem wirkt Zigarettenkonsum suchterzeugend und wie eine psychoaktive Droge. Vermutet wird, dass das Nikotin durch eine höhere Lipolyse unmittelbar auf das Fettgewebe einwirkt. Beim Verzicht auf das Rauchen wird daher mehr Fettgewebe eingelagert, wenn die Kalorienzufuhr nicht verringert wird (20, 21).

Bisher fehlen allerdings wohl Langzeitstudien von ehemaligen Rauchern, die eine ausreichend große Population von Nichtrauchern umfassen, die ihren Gewichtszuwachs verhindern oder gering halten konnten.

Fazit

Auch wenn die Studienlage uneins ist:

Es dürfte außer Frage stehen, dass es bei manchen Menschen zu einem Gewichtszuwachs kommen kann, die sich das Rauchen abgewöhnen. Trotz der uneinheitlichen Studienlage haben ja viele Nicht-mehr-Raucher ja genau dieses Problem, und manche Studien sprechen in der Tat von anderen Stoffwechselaktivitäten, nachdem jemand sich das Rauchen abgewöhnt hat.

Es dürfte außerdem außer Frage stehen, dass jeder, der sich das Rauchen abgewöhnen möchte, dies unbenommen vom befürchteten Gewichtszuwachs tun sollte. Denn die langfristigen Vorteile dürften die kurzfristigen Nachteile deutlich übersteigen, da davon auszugehen ist, dass ein gesunder Mensch durch eine nachhaltige Ernährung, wie z.B. eine sinnvolle Form von Low Carb, die extra Kilos wieder loswerden kann.

Mehr körperliche Aktivität (nicht unbedingt Sport, aber mehr Bewegung), ein nachhaltiger Lebensstil und die Akzeptanz vorübergehender Veränderungen im Stoffwechsel dürften gute Grundlagen für eine Rauchentwöhnung darstellen – umso mehr, wenn Du zu diesem ‚Rezept’ noch eine ausreichend große Prise Geduld hinzu nimmst :-)

Eine Sucht mit einer anderen zu ersetzen – insbesondere einer hochkalorischen – ist logischerweise keine gute Idee.

Quellen zu diesem Beitrag:

(1) Klesges, Winders, Meyers et al.: How much weight gain occurs following smoking cessation? A comparison of weight gain using both continuous and point prevalence abstinence. J Consult Clin Psychol 1997; 65: 286-291 (Abstract)
(2) Perkins:Weight gain following smoking cessation. J Consult Clin Psychol. 1993 Oct; 61(5): 768-77
(3) US Department of Health and Human Services (1990) The Health Benefits of SMOKING CESSATION a report of the Surgeon General 1990. US Department of Health and Human Services, Public Health Service, Centers for Disease Control, Center for Chrome Disease Prevention and Health Promorwn CDC CENTERS FOR DGEASE CONTROL, Office on Smoking and Health. Rockville, Maryland. http://profiles.nlm.nih.gov/NN/B/B/C/T/_/nnbbct.pdf
(4) Williamson, Madans, Anda et al.: Smoking cessation and severity of weight gain in national cohort. N Engl J Med 1991; 324: 739-745 (Abstract)
(5) Williamson, Madans, Anda et al.: Smoking cessation and severity of weight gain in national cohort. N Engl J Med 1991; 324: 739-745 (Abstract)
(6) Flegal, Troiano, Pamuk et al.: The influence of smoking cessation on the prevalence of overweight in the United States. N Engl J Med 1995; 333: 1165-70
(7) O’Hara, Connett, Lee et al.: Early and late weight gain following smoking cessation in the Lung Health Study. Am J Epidemiol. 1998; 148: 821-30
(8) Stumpfe, Kulig: Gewichtszunahme bei Raucherentwöhnung. Z Allg Med 1994; 70: 237-42
(9) Mizoue, Ueda, Tokui et al.: Body mass decrease after initial gain following smoking cessation. Int J Epidemiol 1998; 27: 984-8
(10) Williamson, Madans, Anda et al.: Smoking cessation and severity of weight gain in national cohort. N Engl J Med 1991; 324: 739-745 (Abstract)
(11) Dallosso, James: The role of smoking in the regulation of energy balance. Int J Obes 1984; 8: 365-375 (Abstract)
(12) Moffatt, Owens: Cessation from cigarette smoking: changes in body weight, body composition, resting metabolism, and energy consumption. Metabolism 1991; 40: 465-470 (Abstract)
(13) Hofstetter, Schutz, Jéquier,Wahren: Increased 24-hour energy expenditure in cigarette smokers. N Engl J Med 1986; 314: 79
(14) Jo, Talmage, Role: Nicotinic Receptor-Mediated Effects on Appetite and Food Intake. J Neurobiol 2002; 53: 618-632
(15) Moffatt, Owens: Cessation from cigarette smoking: changes in body weight, body composition, resting metabolism, and energy consumption. Metabolism 1991; 40: 465-470 (Abstract)
(16) Stamford, Matter, Fell, Papanek: Effects of smoking cessation on weight gain, metabolic rate, caloric consumption and blood lipids.Am J Clin Nutr 1986; 3: 486-494
(17) Grunberg: Nicotine as a psychoactive drug: appetite regulation. Psychopharmacol Bull 1986; 22: 875-881
(18) Hall, McGee, Tunstall et al.: Changes in food intake and activity after quitting smoking. J Consult Clin Psychol 1989; 57: 81-86 (Abstract)
(19) Hampl, Betts: Cigarette Use During Adolescence: Effects on Nutritional Status. Nutrition Reviews 1999; 57: 215-221
(20) Jensen, Fusch, Jaeger et al.: Impact of chronic cigarette smoking on fuel metabolism. J Clin Endocrinol Metab 1995; 80: 2181-2185
(21) Ferrara, Kumar, Nicklas et al.:Weight gain and adipose tissue metabolism after smoking cessation in women. Int J Obes Relat Metab Disord. 2001; 25: 1322-1326
(22) Danielsson, Rossner,Westin: Open randomised trial of very low energy diet together with nicotine gum for stopping smoking in women who gained weight in previous attempts to quit. BMJ 1999; 319: 490-494
(23) Perkins, Marcus, Levine et al.: Cognitive-behavioural therapy to reduce weight concerns improves smoking cessation outcome in weight-concerned women. J Consult Clin Psychol 2001; 69: 604-613 (Abstract)
(24) Frishman, Mitta, Kupersmith, Ky: Nicotine and non-nicotine smoking cessation pharmacotherapies. Cardiol Rev. 2006; 14: 57-73
(25) Botella-Carretero, Escobar-Morreale, Martin et al.: Weight gain and cardiovascular risk factors during smoking cessation with bupropion or nicotine. HormMetab Res. 2004; 36: 178-82

Bildnachweis: pixabay Mitglied PeterFranz, Nutzung unter CC0 Creative Common Lizenz