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Das ‚Mysterium Fett‘:
gut oder schlecht beim Abnehmen?

Ist Fett gut oder schlecht beim Abnehmen? | Kohlenhydrate Tabelle

Viele meiner Leser stellen sich (und mir) die berechtigte Frage, ob es zum Abnehmen besser ist, auf Fett zu verzichten. Daher habe ich mich mal diesem Thema angenommen und teile in meinem neuesten Beitrag ein die wichtigsten Ergebnisse meiner Recherche. Ich gehe dabei vor allem darauf ein, was die Wissenschaft dazu sagt. 

Auch wenn das Thema „Fett“ wenig ansprechend klingt, beschäftigt es uns ein ganzes Leben. Zum Beispiel streichen wir uns Fett auf’s Brot. Bereits dabei streiten wir uns: Die einen propagieren Butter, die anderen Margarine als gesündestes Streichfett. Auch die Frage, ob wir Halbfett-Margarine essen oder mit Wasser gestreckte Margarinen meiden, entzweit uns. Außerdem kommen gesundheitsbewusste Instanzen ins Spiel, die uns Avocado statt Butter auf dem Brot anraten.

Wir lieben Fett als Geschmacksträger. Auf der Hüfte oder am Bauch sehen wir es hingegen nicht gerne. Magersüchtige Menschen sagen jedem Milligramm Fett den Kampf an. Esssüchtige züchten sich immer größere Fettpolster, bis sie förmlich daran ersticken. Bulimiker verschlingen große Mengen Essen, um es dann auf die bekannte Weise wieder zu entsorgen. Auf keinen Fall möchten sie bei ihren Essanfällen dick werden. Fettleber entsteht nicht nur durch Alkohol, sondern auch durch hohen Zuckerkonsum.

Diese Beispiele mögen genügen, um zu verdeutlichen: Fett ist in unserem Leben ein Thema. Leider ein wohl sehr missverstandenes.

Ist Fett wichtig beim Abnehmen?

Frühere Glaubenssätze ließen uns annehmen, Fett sei ungesund. Sogar medizinische Paradigmata richteten sich danach aus.

Heutzutage gelten die Kohlenhydrate als Figur- und letztlich auch Gesundheitsfeind Nummer eins. Der Organismus legt alle überschüssigen Kohlenhydrate als Fettpolster um Hüfte, Oberschenkel, Gesäß und Bauch. Er versteht das als Energiereserve für schlechte Zeiten. Wir sehen die Fettreserven als Übergewicht und Schönheitsmakel an.

Fakt ist:

In einem einzigen Kilogramm Fett sind ungefähr 7.000 Kalorien gebunden. Doch wenn wir eine Diät beginnen und Gewicht abnehmen, ist es meist nicht das Fett, das schmilzt. Es schwinden zunächst Wasser und Muskelmasse. Unser Organismus greift seine Fettreserven nicht an, wenn für ihn keine Notlage zu erkennen ist. Er entsorgt zunächst eingespeicherte Wasserdepots und danach Kohlenhydrate-Vorräte und Eiweiße, die in Muskeln und Leber gelagert wurden. Selbst, wenn wir uns eine dreitägige Nulldiät verordnen würden, könnten wir nur 1 einziges Kilo unseres unschönen Fettpolsters mit geschätzten 7.000 Kalorien abbauen.

Wichtiger scheint es, dreimal täglich eine ausgewogene Mahlzeit mit hochwertigen Proteinquellen, gesunden Fettträgern und einer reduzierten Menge Kohlenhydrate auf den Tisch zu bringen.

Doch was den Verzehr gesunder Fette angeht, missachten wir gerne kluge Ratschläge. Wir essen, was uns schmeckt, unabhängig vom Nähr- und Vitalstoffgehalt. Dieses Verhalten macht sich die Lebensmittelindustrie zunutze. Sie tischt uns immer häufiger minderwertige, als „veredelt“ deklarierte Nahrungsmittel aus dem Labor auf.

Wir verlernen zunehmen, gesunde Gerichte aus frischen Zutaten zu kochen. Stattdessen bedienen wir uns bei Fast Food, Imbissessen und „Convenience Food“ aus der Tiefkühltruhe.

Doch nicht alles was uns schmeckt, schmeckt auch unserem Organismus. Dieser ist auf hochwertige Fette und Proteine angewiesen. Mit den richtigen Speisefetten könnte er seine zwangsweise eingelagerten Fettreserven aus Kohlenhydrate-Überschüssen los werden. Durch die falschen Fette wird er auf Dauer krank, und dick.

Was sind gute und schlechte Fette

Was sind denn eigentlich „schlechte“ Fette, und was sind gute Fette (1, Quellenangaben siehe am Ende des Beitrags)?

Schlechte Fette sind all jene, die

  • zu den Transfettsäuren gehören (erhitzte Fette)
  • in industriell verarbeiteten Lebensmitteln zu finden sind (Industriefette, Backfette)
  • gehärtet sind (Margarinen und Industriefette)
  • sich als Billig-Margarine verkaufen lassen
  • mit Wasser gestreckt werden (Halbfettmargarinen)
  • mit Salzsäure-Hydrolyse raffiniert wurden (konventionelle Speiseöle)
  • überhitzt werden (Fritteusenfette)
  • in belasteten Plastikflaschen abgefüllt werden (konventionell hergestellte, geruchslose Billig-Speiseöle)
  • ranzig geworden (Butter, alte Speiseöle)
  • oder gesättigte Fette sind.

Das ist eine eindrucksvolle Liste potentiell krank machender und wertloser Fette, die wir täglich zu uns nehmen.

Wenn ein Speiseöl in Zuge seiner Raffinierung bei bis zu 270°C erhitzt wurde, ist es anschließend geruchslos. Es wurde mit Konservierungsstoffen versetzt, entschäumt und als gehärtetes Fett abgepackt. Für den Organismus ist es komplett wertlos. Im Übermaß macht es ihn sogar krank.

Was der Organismus benötigt, sind hochwertige Fette, die vor allem einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten. Gute Fette sind in diesem Sinne

  • Fette, die einfach oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten (z. B. Fischöl)
  • Fette, die gesättigte Fettsäuren enthalten – aber nur, wenn sie in Maßen genossen werden
  • pflanzliche Speiseöle aus Kaltpressung (z. B. Olivenöl, Walnussöl, Leinöl)
  • kalt gepresste, natürlich schmeckende Speiseöle aus ökologischem Anbau
  • das Fett der Avocado
  • oder Butter, wenn diese in Maßen genossen wird.

Was sagt die Wissenschaft zum Thema Fett und Abnehmen?

Bezüglich der Einordnung in gesunde und ungesunde Fette gibt es unter Wissenschaftlern seit 60 Jahren erbitterten Streit (2). So halten viele Forscher gesättigte Fette grundsätzlich für schlecht. Das scheint allerdings falsch.

Korrekt scheint eher, dass wir solche Fette heutzutage durch die industrielle Nahrungsmittelproduktion im Übermaß verzehren. Wir nehmen dadurch einen Mangel an ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fetten in Kauf. Außerdem begnügen wir uns oft mit billigen, geschmacklich neutralisierten Speiseölen und gehärteten Streichfetten minderer Qualität. Diese werden raffiniert, erhitzt und gehärtet, statt kalt gepresst zu werden.

Ernährungs-Ethnologen oder dänische Forscher bewiesen schon in den Siebzigern, dass die Inuit selbst bei Übergewicht keine Kandidaten für Herzinfarkte waren – obwohl sie sehr fettreich aßen. Omega-3-Fettsäuren waren anscheinend besser für den Organismus als gesättigte Fettsäuren.

Eine Meta-Analyse von Rajiv Chowdhury und anderen Wissenschaftlern, die mit 600.000 Probanden aus 18 Ländern an der Universität Cambridge durchgeführt wurde, legte das Gegenteil nahe (3).

Das beweist aber gar vermutlich nichts, denn diese Studie beruht zum Teil auf Selbstauskünften und Ernährungstagebüchern der Probanden. Solche Daten erscheinen meistens unzuverlässig.

Kritiker solcher Studien mahnen unter anderem an, Fette nicht isoliert zu betrachten, sondern im Kontext anderer Parameter. Unsere Ernährung kennt etwa 20 Fettsäuren. Letztlich zählen die Qualität, die aufgenommene Menge und die Art der Fettsäure im Zusammenwirken mit anderen Substanzen, die wir mit der Nahrung aufnehmen.

Die Gewichtung zwischen Fetten, Kohlenhydraten und Proteinen muss stimmen, damit wir Gewicht abbauen können und den Organismus optimal mit Nährstoffen versorgen.

Fett macht fett – ein Mythos geht baden

Dass Fett nicht gleich Fett ist, sollte nun klar sein. Fett macht nicht dick, wenn es sich um das richtige Fett handelt. Die eigentlichen Dickmacher finden sich in den reichlich verzehrten isolierten Kohlenhydraten. Trotzdem halten sich hartnäckig Mythen über Fette.

Hier die wichtigsten Mythen im Check:

  • Fett macht fett. Falsch, weil Übergewicht u.a. von der Fettverbrennung, der Bewegungsfrequenz und der Gesamt-Kalorienaufnahme bestimmt wird.
  • Geringe Fettaufnahme ist gut. Falsch, weil der Organismus Fettsäuren benötigt, um Hormone zu bilden, Energie zur Verfügung zu stellen oder fettlösliche Vitamine aufnehmen zu können.
  • Olivenöl ist wertvoller als andere Öle. Falsch, weil Walnuss-, Lein- oder Rapsöl reicher an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind.
  • Omega-3-Fettsäuren sind überschätzte Fette. Falsch, weil hier ausnahmsweise alle Forscher einig sind. In fettem Fisch oder Leinöl sind diese reichlich enthalten.
  • Obst und Gemüse sind fettarm. Falsch, weil auch hier Fette vorkommen. In 100 Gramm Bananen verstecken sich beispielsweise 0,2 Gramm, in Avocado 23,5 und in Oliven 36 Gramm Fett.
  • Margarine ist besser als Butter. Nicht unbedingt. Backmargarinen sind minderwertig und enthalten Transfette.
  • Fettreduzierte Nahrung ist gesünder. Nicht unbedingt. Isst man deswegen mehr davon, ist das kontraproduktiv (4).
  • Weniger Fett gleich weniger Gewicht. Falsch, weil Fetteinsparungen meistens mehr Kohlenhydrate bedeuten. Abnehmen wird man nur, wenn die kalorische Gesamtaufnahme verringert wird und man mehr Fett verbrennt. Vor allem durch die Aufnahme gesunder Fette.

Tipps in punkto Abnehmen und schlank bleiben

Es sollte deutlich geworden sein, dass man mit einer Low Carb-Ernährung und den richtigen Speisefetten bessere Abnehmergebnisse erzielen kann als mit vielen anderen Diätmethoden (5).

Vor allem die einseitigen Formula- und Crash-Diäten stehen in der Kritik.

Immer öfter wird hingegen eine Low Carb-Ernährung zum Gewichtsverlust empfohlen. Diese besteht aus einer reduzierten Kohlenhydrat-Aufnahme und einer erhöhten Fett- und Proteinaufnahme.

Wichtig ist, dass sowohl die Fette wie die Proteine hochwertig und gesund sein müssen. Bei Adipositas kann auch die Variante „Low Carb-High Fat“ bzw. LCHF (siehe dazu meinen Beitrag zu Low Carb High Fat) einen Gewichtsverlust erzeugen. Hier wird die Fettaufnahme noch weiter erhöht. Das klingt in vielen Ohren widersinnig. Doch wer abnehmen muss/will, sollte dem Organismus auf brauchbare Weise entgegenkommen, statt ständig gegen dessen Bedürfnisse an zu arbeiten.

Dadurch verleitet man den Organismus lediglich dazu, Notprogramme aufzulegen. Dazu gehört auch das Anlegen von Fettpolstern an den falschen Stellen. Fettpolster bedeuten paradoxerweise zugleich einen Mangel an richtigen Nährstoffen und einen Überfluss an falschen Nährstoffen.

Wir glauben, Kohlenhydrate seien die am schnellsten verfügbaren Energieträger und sättigen am besten. Entsprechend viele Kohlenhydrate verzehren wir heutzutage.

Tatsächlich sind aber hochwertige Fette und Proteine viel bessere Energieträger. Sie sättigen lang anhaltend und sind für den Organismus essenziell. Vor allem aber beeinflussen sie den Blutzuckerspiegel und die Insulinausschüttung nicht.

Nach heutigem Kenntnisstand sind Kohlenhydrate viel öfter für Übergewicht und Gesundheitsschäden verantwortlich als Fette. Wir reden hier aber immer von den gesunden Fetten als die Fette, die wir zu uns nehmen wollen!

Als Handlungsanweisung für jeden gesundheitsbewussten Menschen, der abnehmen möchte, gilt also:

  • Hochwertige Proteine, gesunde Speisefette und -öle und eine reduzierte Kohlenhydrataufnahme sind nötig.
  • Dem erwünschten Fettabbau und dem unerwünschten Muskelabbau sollte man durch vermehrte Bewegungseinheiten entgegen wirken.
  • Außerdem ist es wichtig, eine Low Carb-Ernährung nicht als kurzfristige Diätmaßnahme zu verstehen. Einen dauerhaften Gewichtsverlust kann man nur durch eine langfristige Ernährungsumstellung erreichen. Je mehr schlechte Fette man von seinem Speiseplan streicht, desto besser ist es für den Organismus.

Wenn der Organismus nämlich versteht, dass er jetzt mit hochwertiger Nahrung versorgt wird, kann er seine Notreserven und Fettpolster nach und nach loslassen.


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Quellenangaben:

(1) https://knowledge.freeletics.com/de/gute-fette-schlechte-fette-was-steckt-dahinter/

(2) http://www.zentrum-der-gesundheit.de/gesaettigte-fettsaeuren.html

(3) Rajiv Chowdhury, MD, PhD; Samantha Warnakula, MPhil*; Setor Kunutsor, MD, MSt*; Francesca Crowe, PhD; Heather A. Ward, PhD; Laura Johnson, PhD; Oscar H. Franco, MD, PhD; Adam S. Butterworth, PhD; Nita G. Forouhi, MRCP, PhD; Simon G. Thompson, FMedSci; Kay-Tee Khaw, FMedSci; Dariush Mozaffarian, MD, DrPH; John Danesh, FRCP*; and Emanuele Di Angelantonio, MD, PhD; Association of Dietary, Circulating, and Supplement Fatty Acids With Coronary Risk: A Systematic Review and Meta-analysis

(4) http://www.myself.de/schoen-gesund/gesundheit-ernaehrung/ernaehrung-fette-luegen/ernaehrung-these-8/

Samaha FF, et al. A low-carbohydrate as compared with a low-fat diet in severe obesity. New England Journal of Medicine, 2003.

(5) Aude YW, et al. The national cholesterol education program diet vs a diet lower in carbohydrates and higher in protein and monounsaturated fat. Archives of Internal Medicine, 2004.

Sonstige Quellen zum Weiterlesen

Meckling KA, et al. Comparison of a low-fat diet to a low-carbohydrate diet on weight loss, body composition, and risk factors for diabetes and cardiovascular disease in free-living, overweight men and women. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 2004.

JS Volek, et al. Comparison of energy-restricted very low-carbohydrate and low-fat diets on weight loss and body composition in overweight men and women. Nutrition & Metabolism (London), 2004.

Brehm BJ, et al. A randomized trial comparing a very low carbohydrate diet and a calorie-restricted low fat diet on body weight and cardiovascular risk factors in healthy women. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 2003.

(5) Obesity (Silver Spring). 2007 Jan;15(1):182-7.
McClernon FJ1, Yancy WS Jr, Eberstein JA, Atkins RC, Westman EC.The effects of a low-carbohydrate ketogenic diet and a low-fat diet on mood, hunger, and other self-reported symptoms.


 

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