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Frühstück: ja oder nein? Und: Wie viele Mahlzeiten pro Tag?

frühstuecken zum abnehmen |Kohlenhydrate Tabelle

Die Diskussion darüber, wie viele Mahlzeiten man am Tag einnehmen sollte, um abzunehmen, ist in den letzten Jahren voll entbrannt. Hüben wie drüben gibt es auf beiden Seiten des Spektrums Verfechter der jeweiligen Vorgehensweise. Verwirrung vorprogrammiert. Daher habe ich mich dem Thema mal angenommen und versucht, eine Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Fakten zu machen – soweit das möglich ist ohne eine mehrjährige wissenschaftliche Studie daraus zu machen.

Es herrscht Verwirrung… 

Morgens wie ein König zu essen, Mittags wie ein Edelmann und abends wie ein Bettler – so lautete eine oft zitierte Regel.

Heute heißt es stattdessen oft „Take five a day“: Man soll demnach fünf oder sechs kleine Mahlzeiten am Tag verzehren und zu jeder Mahlzeit frisches Obst und rohes Gemüse essen.

Dagegen wenden aber nun andere Fachleute etwas ein. Sie weisen darauf hin, dass der Darm dann ständig mit der Verdauungstätigkeit beschäftigt ist. Besser sei es, nur drei Mahlzeiten mit größeren Abständen dazwischen zu verzehren.

Unter den Rauchern propagieren einige, eine Zigarette auf nüchternen Magen und eine Tasse schwarzer Kaffee könnten als effektive Darmreiniger dienen. Der Glaubenssatz dahinter lautet: Rauchen hält einen dauerhaft schlank. Hält Rauchen aber auch gesund?

In den „Dietary Guidelines for Americans“ (Ernährungsrichtlinien für Amerikaner), die die amerikanische Regierung herausgab, stand lange zu lesen, dass der Verzicht auf das Frühstück dick machen kann (1, Quellenangaben findest Du am Ende dieses Beitrags). Daraufhin unternommene Studien bewiesen aber das Gegenteil.

Der Otto-Normal-Bürger und Nichtwissenschaftler ist mit Recht verwirrt.

Was sagt die Wissenschaft dazu?

Wie in vielen Fällen, finden sich auch auf diesem Gebiet wissenschaftliche Untersuchungen, die nicht einhellig dieselbe Sichtweise stützen.

Dahinter stehen (wie so oft) bestimmte Interessengruppen, die dem Verbraucher nicht ohne tiefe Recherche und quellenkritischer Betrachtung ersichtlich werden (2).

Die bisher vorliegenden Forschungsprojekte vertreten unterschiedliche Ansätze. Sie richten die Untersuchungsmethoden gemäß der Forschungsthese aus. Unabhängige Studien sind selten. Meistens scheinen solche Forschungsvorhaben von einer Industrie finanziert zu werden und scheinen vorrangig deren Interessen zu dienen. Das als kritische Anmerkung vorab.

Man könnte die nahrungsfreie Nacht als eine Form intermittierendes Fasten begreifen. Ohne ein Frühstück zu genießen, verlängert man diese Phase des Fastens.

Wer langfristig abnehmen möchte und nicht schon wieder eine neue Crash-Diät ausprobieren will, für den Intervallfasten 16/8 daher vermutlich genau das richtige. Für einen einfachen Einstieg in das Thema kann ich das folgende Programm empfehlen:


Das hat aber möglicherweise Einfluss auf die Größe der Mahlzeiten, die man später isst. Folglich empfehlen viele Wissenschaftler, die Glukosebalance und die Insulinausschüttung über den Tag gleichmäßig zu verteilen. Das spricht für ein sättigendes Frühstück.

Empfohlen wird daher eine morgendliche Kohlenhydrataufnahme – allerdings über Kohlenhydrate, die möglichst langsam verstoffwechselt werden. Frisch gepresste Haferflocken aus dem Flocker mit ungesüßter Milch, Fruchtjoghurt mit Obst oder Frischkornbrei mit Obst wären dementsprechend gut. Natürlich ist klar, dass es bei der Zusammenstellung des Frühstücks sehr unterschiedliche Meinungen gibt. Schließlich gibt es die großen Glutenverweigerer der Paleo-Diät und auch Milch (wegen der Laktose) und Obst (wegen der Fruktose) sind nicht unbedingt die besten Lebensmittel, wenn es darum geht, erst einmal abzunehmen.

Ohne ein Frühstück veranstalten ‚Hungerhormone‘ wie Ghrelin einen Aufstand. So sorgt der Organismus dafür, dass er an dringend notwendige Vitalstoffe kommt. Einer britischen Studie zufolge fährt der Insulin- und Blutzuckerspiegel bei den Frühstücks-Verzichtern Achterbahn (3).

Als Gründe für ein Frühstück führen die Fachleute aufgrund entsprechender Studienergebnisse an:

  • Frühstück führt nicht zum „Overeating“ (übermäßiges Essen) am restlichen Tag
  • Frühstück könnte das Herz schützen
  • Frühstück könnte vor Diabetes Typ 2 schützen
  • Frühstück bringt einen in Schwung

Dem stehen zahlreiche aktuelle Untersuchungen entgegen, die das Gegenteil propagieren (z.B. 4, 5). Diese Studienergebnisse wurden in der Augustausgabe 2014 des „American Journal of Clinical Nutrition“ veröffentlicht.

Demnach mache es keinen großen Unterschied, ob man frühstückt oder nicht (6,7). Folglich könne sich jeder selbst entscheiden, womit es ihm gut geht.

Hört man dabei aber auf seinen Körper – oder verfolgt man Pläne, die das Ego schmiedet?

Das Frühstück als kulturelle Angelegenheit?

Der bisher propagierten Meinung zufolge essen Menschen, die auf das Frühstück verzichten, später am Tag mehr. Das führt diversen Wissenschaftlern zufolge langfristig zu Übergewicht, Herzerkrankungen und Diabetes.

Die Gegner dieser Ansicht sagen, man nehme ab, wenn man auf das Frühstück verzichte.

Eine der Autorinnen von Studien, die beide Ansichten für falsch erklären, ist Dr. Emily Dhurandar. Sie arbeitet an der „University of Alabama“ in Birmingham, USA. Ihrer aktuellen Studie von 2014 zufolge spielt es für das Körpergewicht keine Rolle, ob man frühstückt oder nicht. Der kalorische Input ist am Ende des Tages identisch. Dhurandar sagte in einem Interview, das Frühstück sei eher ein kulturelles Phänomen. Man habe bereits zwischen 1700 und 1800 propagiert, dass es ohne Frühstück nicht gehe.

Die Fragestellung müsse intensiver erforscht werden.

In der Tat ist vermutlich kaum ein Thema so emotionell besetzt wie der (Gesundheits-) Wert des Frühstücks. Häufig geht es um die Beziehung zum Körpergewicht und zum Essverhalten am restlichen Tag.

Interessant ist:

Glaubenssätze und ernährungsbezogene Mythen haben in diesem Themenbereich eine stärkere Wirkung auf die öffentliche Meinung als alle wissenschaftlichen Studien, die bisher unternommen wurden (4).

Eine Meta-Studie zu diesem interessanten Thema ergab, dass fast alle Forschungsprojekte zum Thema „Frühstück und Übergewicht“ einen bestimmten Forschungsansatz verfolgten oder keine beweisbaren kausalen Zusammenhänge zwischen dem Frühstück und dem Gewichtsverlust herstellen konnten (8).

Die Befürworter des Frühstücks sehen sich durch eine aktuelle Studie der „American Heart Association“ von 2013 unterstützt (9).

In der Summe aller wissenschaftlichen Betrachtungen bleibt unentschieden, ob man frühstücken sollte, um abzunehmen, oder nicht. Leider. Oder zum Glück?

Zwei, drei oder fünf Mahlzeiten?

Seit Jahrhunderten essen buddhistische Mönche und Nonnen nur zwei Mahlzeiten am Tag. Auch bei den orthodoxen Mönchen auf dem Heiligen Berg Athos in Griechenland ist dem so, wie ich auf meinen Besuchen dort schon feststellen konnte.

Nach dem Mittagsmahl essen sie nichts mehr bis zum nächsten Frühstück. Gesundheitsmängel hat man bisher nicht feststellen können.

Andere propagieren, man solle essen, wann immer man Hunger hat (10).

In der Ethnologie sind viele Jäger-Sammler-Völker bekannt, die keine Vorratshaltung betreiben. Sie essen, wenn es etwas zu essen gibt. Wenn man lange nichts findet, sterben schwache, kranke und ältere Menschen als Folge. Diejenigen, die die Nahrung besorgen, teilen diese mit denen, die dies nicht (mehr) können und dafür andere Aufgaben übernehmen.

Übergewicht ist angesichts der Nahrungsknappheit bei vielen indigenen Jäger-Sammler-Volkern unbekannt. Oft müssen die Jäger oder Sammler tagelang wandern, um an Nahrungsquellen zu kommen. Nicht alle Nahrungsmittel halten sich tagelang frisch. Fleisch oder Beeren müssen daher oft schon unterwegs verzehrt werden. Außerdem muss man die Reste einer Jagdbeute, die man nicht nach Hause tragen kann, häufig anderen überlassen.

Einen interessanten Beitrag zum Thema ‚Frühstück ja oder nein‘ hat Dr. Sabine Paul hier auf meiner Webseite schon geschrieben. Dort bezieht sie sich auch auf ihre Erlebnisse beim Naturvolk der Hadza. Vorab: Dr. Paul ist ein Befürworter der ‚kein Frühstück‘-Fraktion. Zum Artikel: Des Kaisers herzhafter Gehirnjubel… Warum ohne Frühstück auch OK ist.

Angesichts unseres Nahrungsüberflusses und der Verwendung von schlechten Fetten und Zucker in solchen Nahrungsmitteln ist bei industrialisierten Kulturen Übergewicht eine logische Folge.

Trotzdem ist ziemlich glaubwürdig, dass es nur vor einem bestimmten kulturellen Hintergrund Sinn machen könnte, die Zahl der Mahlzeiten vorzuschreiben (11).

Augenscheinlich hat es keinen großen Einfluss auf das Gewicht, ob man zwei, drei, vier oder fünf Mahlzeiten am Tag isst (12). Viel wichtiger ist, was man isst.

Der Einfluss auf den Blutzuckerspiegel ist bei drei größeren Mahlzeiten anscheinend günstiger (13). Wer weniger häufig isst, ist paradoxerweise wohl satter als der, der ständig etwas zwischendurch futtert (14).

Viele Ernährungsmythen um die Zahl der Mahlzeiten sind also nicht haltbar, oder es gibt genau so viele Argumente für die gegenteilige Behauptung.

Dafür macht es Sinn, absichtsvoll nichts zu essen, wenn man keinen Hunger verspürt. In diesem Fall kann man auch einmal eine Mahlzeit auslassen oder nur etwas Kleines essen (15).

Intermittierendes Fasten hat Untersuchungen zufolge Vorteile für die Gesundheit (16).

Mythen über die Zahl der Mahlzeiten

Die Idee, dass man bis zu sechs Mahlzeiten über den Tag verteilen sollte, lässt sich so wohl nicht halten. Jedenfalls nicht, wenn es darum geht, Gewicht zu verlieren. Am Ende nimmt man eine ähnliche Kalorienzahl auf wie jene Menschen, die nur drei Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen (11, 12).

Doch die Versuchung, aufgrund von Appetit oder Heißhunger etwas Ungesundes zwischendurch zu essen, steigt mit jeder Mahlzeit. Außerdem hält man den Darm ständig auf Trab, weil er ständig am Verdauen ist. Das kann zulasten des Immunsystems oder innerkörperlicher Reparaturarbeiten auf der Zellebene gehen. Daher scheint es besser, weniger Mahlzeiten am Tag zu essen, um bestimmte zellulare Prozesse nicht zu stören oder gar zu unterbinden (17).

Hin und wieder etwas Hunger zu haben, schade dem Organismus nicht. Im Gegenteil: Er könne in der nahrungsfreien Zeit besser entgiften.

Diverse Studien weisen ein stark erhöhtes Risiko für Darmkrebs nach, wenn man mehrere Mahlzeiten am Tag isst (18, 19, 20). Solche Aussagen sind aber wohl mit etwas Vorsicht zu betrachten. Auch wenn das nicht gerade wissenschaftlich ist: Mein Bauchgefühl sagt mir, es kommt sicher auch darauf an, was man isst.

Viele Mythen rund um die Ernährung entstehen tatsächlich in einem bestimmten kulturellen Kontext. Man findet sie daher nicht bei indigenen Völkern vertreten, wo Nahrungsknappheit eher der Normalfall ist.

Welche praktischen Handlungsempfehlungen gibt es?

Angesichts der Forschungsergebnisse deutet sich an, dass es für das Gewicht besser ist, drei gesunde Hauptmahlzeiten am Tag zu verzehren.

Wenn schon eine Zwischenmahlzeit erforderlich ist, sollte man zu Obst und Gemüse greifen. Gerade wer abnehmen will, sollte aber nicht den Fehler machen, sich übermäßig von Obst zu ernähren, weil darin ja wieder viel Zucker steckt. In diesem Zusammenhang liest man immer wieder von der ‚Handvoll‘ an Obst pro Tag. Je bunter, um so besser (also ein kleiner Mix aus Obst).

Man sollte auf jeden Fall nur dann essen, wenn man Hunger hat, und man sollte die Kalorienaufnahme kontrollieren. Eine der ‚Grundregeln‘ beim Abnehmen lautet, dass man am Tag weniger Kalorien zu sich nehmen soll, als man verbrennt (diese Regel ist natürlich ebenfalls alles andere als Unumstritten, wenn man sie so für sich stehen lässt und keine weiteren Erläuterungen gibt, woher die Kalorien kommen sollten).

Wer Ballaststoffe und für den Organismus verwertbare Nährstoffe verzehrt, ist besser bedient als jemand, der dem Organismus häufig nährstoffarme Nahrung aus industrieller Fertigung gönnt. Solche Nahrungsmittel sind zwar gute Sattmacher – aber nur gefühlt. Der Organismus hungert derweil nach Vitalstoffen. Er meldet folglich immer wieder Hunger an, um dem Mangel abzuhelfen.

Das erklärt auch den Jojo-Effekt nach einseitigen Diäten.

Allen Diäten zum Trotz, die bisher entwickelt wurden, ist eine langfristige Ernährungsumstellung wohl der beste Weg zum Gewichtsverlust (siehe meinen Beitrag zu wenig Kohlenhydrate, viel Fett). Drei sättigende und vitalstoffreiche Mahlzeiten sollten dabei im Regelfall genügen.

Natürlich sollte klar sein, dass ich hier von einer Person spreche, die körperlich eher wenig aktiv ist, also in der Arbeit hauptsächlich am Schreibtisch sitzt und wenig oder keinen Sport macht. Wie sich diese Empfehlung zur Anzahl der Mahlzeiten ändert, wenn jemand viel Sport macht oder einen sehr aktiven Beruf hat, sollte man vermutlich auch mal in einem separaten Beitrag behandeln.

Anmerkung:

Dieser Beitrag hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Ich habe lediglich versucht, ein wenig ‚Licht ins Dunkle‘ zu bringen, indem ich mich mit der aktuellen Studienlage auseinander setze. Wie Du weißt, gibt es Interessengruppen, die Studien in ihrem Sinne erstellen und entsprechend verwenden. Als Nichtwissenschaftler hier die Wahrheit von der Unwahrheit zu unterscheiden ist praktisch nicht möglich. Auch kommt hinzu, dass das, was heute als Fakt zählt, morgen von einer neuen (mehr oder weniger wahren) Studie oder Bewegung passé werden lassen kann. Man denke an die Aussage, Eier seien schlecht, und nun werden sie z.B. von den Low Carb oder Paleo-Befürwortern teilweise in großen Massen verzehrt, weil Eier nun doch wieder gut sind.

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Quellenangaben:

(1) https://www.washingtonpost.com/news/wonk/wp/2015/08/10/the-science-of-skipping-breakfast-how-government-nutritionists-may-have-gotten-it-wrong/

(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Quellenkritik

(3) http://www.consumerreports.org/cro/magazine/2014/10/why-eating-the-right-breakfast-is-so-important/index.htm

(4) http://www.theatlantic.com/health/archive/2014/08/breakfast-isnt-important/378917/

(5) http://well.blogs.nytimes.com/2014/08/21/is-breakfast-overrated/?_php=true&_type=blogs&smid=tw-nytimeshealth&seid=auto&_r=0

(6) http://ajcn.nutrition.org/content/early/2014/06/04/ajcn.114.089573.abstract

(7) http://www.npr.org/2014/08/31/344732606/study-finds-nothing-special-about-breakfast

(8) http://ajcn.nutrition.org/content/98/5/1298.abstract

(9) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23877060

(10) http://www.medicaldaily.com/how-3-meals-day-became-rule-and-why-we-should-be-eating-whenever-we-get-hungry-324892

(11) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9155494

(12) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19943985

(13) http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1751499110000545

(14) http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0038632

(15) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3661473

(16) http://www.pnas.org/content/100/10/6216.full.pdf

(17) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20534972

(18) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15572293

(19) http://link.springer.com/article/10.1007%2FBF00051916

(20) http://cancerres.aacrjournals.org/content/52/13/3589.short

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