Im 3. Teil seiner dreiteiligen Artikelserie erläutert Gastautor und Experte Heiko Weirauch, warum körperliche Betätigung im richtigen Grundlagenausdauerbereich wichtig ist beim Abnehmen und Fettverbrennen.
Lesezeit: ca. 8-9 min
‚Wissenschaft’ Ernährung
Zum Thema gesunde Ernährung ist schon so viel gesagt und geschrieben worden, dass man als Normalsterblicher nicht mehr weiß, wem man glauben soll bzw. was man essen soll.
Es gibt unzählige Betrachtungsweisen, Meinungen und Ansätze zum Thema Ernährung. Diese stehen natürlich in direktem Zusammenhang mit den unterschiedlichen Interessen. Während staatliche Einrichtungen wie die gesetzlichen Krankenversicherungen das Thema gesunde Ernährung aus dem Gesundheitsbereich heraus betrachten, stehen bei bestimmten Unternehmen, wie den Lebensmittelkonzernen, kommerzielle Ansichten im Vordergrund.
Die Vielzahl der bestehenden Interessen und Betrachtungsweisen führt zur Entstehung und Verbreitung von unzähligen Informationen. Die bestehenden Interessenkonflikte äußern sich in den voneinander abweichenden Informationen und Empfehlungen, die veröffentlicht werden. Selbst innerhalb der Ernährungslehre weichen die Meinungen und Theorien der Experten voneinander ab. Am Beispiel der Ernährungspyramide(n) wird deutlich, dass sogar diese fast überall in den Industrieländern propagierte Ernährungsbasis vielschichtig und leider noch nicht genau spezifiziert oder in seinen Teilbereichen klar definiert ist.
Seit ca. 20 Jahren beschäftige mich nun mit dem Thema Ernährung. Zu Beginn, wie viele Jugendliche, eher sporadisch unter dem Aspekt: „Wie bekomme ich durch Training und Ernährung mehr Kraft und mehr Muskeln?“. Als sogenanntes „DDR Kind“ bekam ich erst spät Zugang zu Nahrungsergänzungsmitteln und hielt mich deshalb an die altbekannten Ernährungsempfehlungen, Fleisch und Gemüse zu essen und Milch zu trinken. Nach der Wende bekam ich dann auch Zugang zu einem größeren Lebensmittelangebot, von dem ich aber Größtenteils einen ganz speziellen Bereich nutzte: Süßigkeiten und Softdrinks…
Das führte zu einer neuen Problematik: ein erhöhter Körperfettanteil.
Die erste Strategie, dem entgegen zu wirken war weniger zu essen. Das führte nicht zum gewünschten Erfolg. Ich verlor auch meine hart antrainierte Muskelmasse und Kraft, die auf Grund meiner Genetik, ohnehin nicht überragend viel war.
Dann führte ich mehrere Jahre lang täglich Protokoll über mein Essen. Das heißt ich notierte mir Energie-, Protein-, Kohlenhydrate- und Fettgehalt meiner Mahlzeiten. Aber auch hier ließ sich nur bedingt über eine Verringerung der Energiezufuhr eine Reduktion des Körperfettes erzielen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mein Studium in Sportwissenschaft schon begonnen. Aus diesem Grund erhöhte sich auch deutlich mein Trainingspensum, da dies im Lehrplan festgelegt ist. Dabei kam ich sogar in Spitzenzeiten zeitweise auf 15 Trainingsstunden pro Woche, ohne logisch nachvollziehbaren Einfluss auf meinen Körperfettgehalt.
Nach Beendigung meines Studiums leitet ich mit einem Kollegen das Institut für Leistungsdiagnostik an der MLU Halle/Wittenberg. Dabei beschäftigte ich mich intensiv mit der Laktatleistungsdiagnostik, der Ruhespirometrie und Analyse der Körperfettreduktion. Ich fing an regelmäßig zu laufen und alles weiter zu analysieren.
Im Zusammenhang mit meiner Magisterarbeit haben sich dann vier wichtige Aspekte heraus kristallisiert:
Es wurde und wird immer noch oft propagiert, dass Krafttraining und Muskelaufbau das wichtigste Mittel für die Körperfettreduktion ist. Die Begründungen lauten: Mehr Muskelmasse „verbrennt mehr Energie“ und nach dem intensiven Krafttraining „hat der Trainierende eine Art Nachbrenneffekt“. Das soll heissen, dass man zum einen auf Grund der erhöhten Muskelmasse deutlich mehr Energie, auch in Ruhe, umsetzt. Zum anderen soll man auf Grund der Intensität und der ablaufenden Regenerationsprozesse einen deutlich erhöhten Energieumsatz nach dem Krafttraining haben.
Jeder, der ein wenig Krafttraining zum Muskelaufbau betreibt weiß wie schwer es ist, ein oder zwei Kilogramm Muskelmasse aufzubauen, wenn nicht auf chemische Hilfsmittel wie Steroide oder ähnliches zurück gegriffen wird. Lassen Sie uns mal extrem optimistisch sein und formulieren ein schönes Beispiel.
Unser Proband wiegt knapp 85 kg bei ca. 15% Körperfettanteil und hat einen relativ hohen Ruheenergieumsatz von 2300 Kalorien pro Tag. Das bedeutet er setzt ca. 27 Kalorien pro Kilogramm Körpergewicht und Tag um. Rein rechnerisch würde ein Zuwachs von 1kg mehr Muskelmasse dem entsprechend 27 Kalorien pro Tag bedeuten. Wenn man den Einwand berücksichtigen würde, dass Muskelmasse mehr Energie umsetzt als alles andere Gewebe im Körper und den Wert sogar verdoppeln würde, käme man auf einen „Mehrenergieumsatz“ von 54 Kalorien pro Tag.
Wenn wir zudem noch wohlwollend annehmen, dass dieser Energieumsatz zu 100% aus Körperfett besteht, würde dies eine Reduktion des Körperfettanteils (1g Körperfett liefert Kalorien) von zusätzlich 7,7g pro Tag bedeuten.
In eigenen Studien (Weirauch et. al., 2005) konnten wir zeigen, dass ein trainierter Sportler (wir bleiben bei dem oben beschrieben Beispiel) bei einer sehr intensiven Krafttrainingseinheit von 60 min Dauer „nur“ ca. 350 Kalorien an Energie umsetzt (ermittelt mit der Spirometrie). Dies würde einem zusätzlichen Energieumsatz von 255 Kalorien bedeuten.
Also alles zusammen hätten wir dem entsprechend einen zusätzlichen Energieumsatz von 310 Kalorien/Tag, also im Extremfall 44g Körperfett. Bei drei solch intensiven Krafttrainingseinheiten pro Woche und einem „hocheffizienten“ Fettstoffwechsel kämmen wir in Summe auf einen Umsatz von 132g Fett pro Woche und somit erreichen wir eine Körperfettreduktion von 530g im Monat.
Jetzt kommt es aber: wenn diese Person 60 min Grundlagenausdauertraining betreibt, also 60min im „Fettverbrennungspuls“ (ermittelt durch die Laktatdiagnostik) läuft, liegt sein Energieumsatz bei 700 Kalorien pro Stunde. Das sind 604 zusätzliche Kilokalorien. Das ist doppelt so viel, wie beim Krafttraining! Und es muss bedacht werden, dass dieses Training nicht so intensiv wie die Krafttrainingseinheit ist und direkt auf den Fettstoffwechsel abzielt.
So kann sich jetzt jeder selbst ausrechnen was effizienter ist für die „Fettverbrennung“. … ja richtig die Kombination aus beidem. Mein Fazit am Ende dieser 3-teiligen Artikelserie lautet:
Lauf los und hol dir dein Steak, auf dem Weg dahin kannst du Nüsse und Beeren sammeln und ein paar Eier stibitzen. Achte aber darauf, dass du im richtigen Bereich läufst und dir nicht unnütz den Bauch vollschlägst :)
Mehr Infos gibt es auf unsere Webseite www.wesp-sei-stark.de
Weitere Artikel in der Artikelserie von Heiko Weirauch: Dieser Artikel gefällt Ihnen? Dann teilen Sie ihn doch gerne mit Ihren Freunden und hinterlassen Sie unten auch einen Kommentar, falls Sie Fragen an Heiko Weirauch haben.
Heiko Weirauch, Jahrgang 1976 hat seinen Magister in Sportwissenschaft, Erziehungswissenschaft und Geschichte an der MLU Halle/Wittenberg gemacht und ist ausgebildeter Diplom Diät- und Ernährungstherapeut. Nach seinem Studium war er als Dozent für Trainingslehre an der Universität tätig und leitete das Institut für Leistungsdiagnostik und Gesundheitsförderung in Halle. 2006 gründetet er zusammen mit einem Kollegen die wesp GmbH und entwickelte die Leistungsdiagnostiksoftware wesp-analsis. Heute betreibt wesp ein Trainingszentrum in Merseburg und ein Präventionszentrum in Leipzig und entwickelt weiter Konzepte und Produkte für Prävention, Gesundheit und den Leistungssport.
Körperfett, Fettstoffwechsel und Ruheumsatz
Ausdauertraining oder Krafttraining?
Fazit
Teil 1: Du bist was du ißt: Ernährung und Gewichtsmanagement
Teil 2: Der Energieumsatz als Basis für effizientes Gewichtsmanagement